Bei Anruf Auftrag

PhoneGerhard Schröder von der Agentur K3 hat zur Blogparade aufgerufen. Zu einem Thema, das für jeden Unternehmer zum täglichen Brot gehört wie kaum ein anderes, und gleichzeitig für genauso viele Bauchschmerzen sorgt, vor allem bei Freiberuflern, die ihre Stärken häufig ganz woanders sehen: Vertrieb. Allein das Wort. Klingt wahlweise nach aufdringlichen Klinkenputzern oder nach vertreiben. Klangtechnisch überzeugender ist da schon die besitzergreifende Akquise, aber auch die genießt vor allem unter Selbstständigen keinen besseren Ruf.

„Wunderbare Vertriebserlebnisse“ sammelt Gerhard. Gibt’s die überhaupt? Aber klar doch – hier ist eines meiner schönsten…

Als ich mich vor knapp fünf Jahren selbstständig gemacht habe, war auch für mich das Thema Akquise das mit den größten Fragezeichen. Als Existenzgründer ist es ja häufig schon schwer genug, herauszufinden, was man kann, was man will, und was sich davon verkaufen lässt. Dass man nach diesem Kraftakt dann auch noch die dazu passenden Kunden finden und überzeugen muss, fühlt sich für viele Gründer geradezu wie eine Zumutung an.

„Aber ich habe doch eine Website, kommen die Kunden da nicht von ganz alleine?“ Nein, tun sie nicht, zumindest nicht so schnell, und so stehen Existenzgründer gerade am Anfang ihrer Selbstständigkeit häufig dann doch vor der großen Aufgabe Kaltakquise. Mir ging es da nicht anders – das Konzept war fertig, die Website stand, ich war bereit: Kunden mussten her. Eine erste Veröffentlichung in der örtlichen IHK-Zeitschrift brachte zwar ein paar nette Reaktionen und bestärkte mich darin, dass mein Konzept durchaus aufgehen konnte, trotzdem rannten mir die Kunden erstaunlicherweise nicht die Bude ein. Also habe ich mit viel Bauchgrummeln einen Akquise-Leitfaden entworfen, sorgfältig handverlesene potenzielle Kunden zusammengestellt und an einem sonnigen Morgen im April in Erwartung einer bestenfalls uninteressierten Abfuhr meinen ersten Kaltakquiseanruf gestartet.

Und dann passierte sinngemäß dies hier:

Ich: „Schönen guten Tag, mein Name ist Katja Flinzner, mein Unternehmen heißt mehrsprachig handeln*, und ich würde Sie gerne dabei unterstützen, mit Ihrem Online-Shop auch über die Grenzen Deutschlands hinaus zu verkaufen.“

Potenzieller Kunde: „Ach, guten Tag, das ist ja toll, da habe ich gerade heute Morgen mit meinem Kollegen drüber gesprochen. Ja, wir möchten unseren Shop gerne internationalisieren und haben schon über Übersetzungen ins Englische und Französisch nachgedacht. Können Sie das?“

Ich weiß noch genau, wie ich einen Moment beinahe sprachlos da stand, bevor ich genug Geistesgegenwart besaß, ihm mit einem deutlichen „Ja.“ zu antworten und meinen ersten Auftrag an Land zu ziehen.

Dass ich danach überhaupt noch weitertelefoniert habe, wundert mich bis heute, aber ich machte einen zweiten Anruf. Und eine Viertelstunde nach dem Gespräch hatte ich eine umfangreiche XML-Datei mit Produktbeschreibungen in meinem Postfach, für die ich ein Angebot für eine Übersetzung in drei Sprachen machen sollte.

Ähm. Was war da gerade passiert?

Wahrscheinlich glaubt Ihr jetzt, seit diesem Erlebnis gehört Kaltakquise zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Falsch gedacht. Natürlich waren die hierauf folgenden Anrufe nicht alle von so durchschlagendem Erfolg gekrönt. In den nächsten zehn Telefonaten kam ich über ein: „Rufen Sie doch in einem halben Jahr nochmal an.“ nicht hinaus. Und bis heute bereitet mir die Vorstellung, fremde Firmen anrufen und vom Nutzen meiner Dienstleistung überzeugen zu müssen, Bauchgrummeln. Das Schöne aber ist: Heute muss ich es auch nicht mehr tun.

Denn, wie Gerhard in seinem einleitenden Artikel schon völlig richtig formuliert hat: Vertrieb ist ja viel mehr als nur Kaltakquise. Heute sieht mein Vertrieb hauptsächlich so aus, dass ich Kontakte knüpfe, mein Wissen weitergebe und versuche, im Netz und in der echten Welt möglichst häufig dort präsent zu sein, wo meine Kunden sich rumtreiben. Und, vor allem: Dass ich gute Arbeit abliefere. Die meisten meiner Kunden sind Stammkunden, für die ich häufig schon mehrere Jahre arbeite. Und wenn neue dazukommen, dann haben die meistens von irgendjemandem eine Empfehlung bekommen oder sind in einem der diversen Sozialen Netzwerke beispielsweise über einen meiner Blogartikel gestolpert. Für Kaltakquise habe ich heute in der Regel überhaupt keine Zeit mehr. Was für ein Glück! 🙂

KF/msh

* Dieser Artikel erschien in diesem Blog, als es noch mehrsprachig handeln hieß. Seit April 2016 finden sich alle ehemaligen „mehrsprachig handeln“-Artikel auf der Nachfolgeseite contentIQ.

Dr. Katja Flinzner
1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] dem Beitrag beschreibt Katja Flinzner den steinigen Weg zum Kaltaquise-Telefonat und einem tollen Erfolg gleich beim ersten Telefonat. So wünscht sich das jeder […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert