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Vertrauensbildung im eCommerce: Kein Hexenwerk

eCommerce ist inzwischen zum Alltag geworden und gehört zum Netzerlebnis mittlerweile genauso selbstverständlich dazu wie E-Mails, Gruppennachrichten und Streaming-Angebote. Die großen Gewinner und Umsatztreiber sind aber in erster Linie die Global Player. Allen Hackerangriffen und ausführlicher Negativ-PR zum Trotz wachsen vor allem amazon, eBay, Zalando und Co. unaufhörlich – aber warum? Und was kann man als vergleichsweise kleiner Online-Händler tun, um in diesem Kampf David gegen Goliath zu bestehen?

Gründe für den Erfolg der Big Player gibt es viele, keine Frage. Das große Angebot, eine großzügige Retourenpolitik, marktbestimmende Preise und die mediale Dauerpräsenz auf allen Kanälen – wer einmal groß ist, hat viele Möglichkeiten, seine Marktmacht für noch mehr Wachstum zu nutzen. Doch am Ende des Tages sind Preis, Service und Auswahl bei der Entscheidung darüber, wo ich einkaufe, zweitrangig. An erster Stelle steht ein ganz anderes Zauberwort: Vertrauen.

An erster Stelle bei der Kaufentscheidung steht das Zauberwort Vertrauen. #eCommerce Klick um zu Tweeten

Zauberwort Vertrauensbildung

So sehr wir uns auch an den Einkauf per Mausklick gewöhnt haben – Online-Handel ist und bleibt Distanz-Handel. Wenn ich die Ware, die ich kaufen möchte, nicht anfassen und direkt mit nach Hause nehmen kann, muss ich davon überzeugt sein, dass der Händler mich mit den richtigen Informationen versorgt und mir das richtige Produkt in genau der gewünschten Form und in der vereinbarten Zeit nach Hause schickt. Ich muss ihm vertrauen – mir bleibt gar nichts anderes übrig.

An dieser Stelle punkten die großen Händler, wenn Kunden sich als einer von vielen sicherer fühlen, wenn sie Größe mit Seriosität gleichsetzen und wenn ihnen die schiere Anzahl bereits scheinbar problemlos abgelaufener Bestellungen das Gefühl gibt, dass dann auch bei ihrer Bestellung nichts schieflaufen wird.

Doch natürlich kann man auch als kleiner Händler das Vertrauen seiner (potenziellen) Kunden gewinnen und es gehört zu euren wichtigsten Jobs als Shopbetreiber, Vertrauensbildung zu betreiben. Aber wie?

1. Lasst euren Shop zertifizieren

Viele Unternehmen und Organisationen haben die Bedeutung des Themas Vertrauen erkannt und daraus ein Geschäftsmodell gemacht: Die unterschiedlichsten Gütesiegel und Zertifikate versprechen dem Kunden, dass er es mit einem seriösen Händler zu tun hat, der sein Geld nicht einfach in die Tasche steckt und verschwindet. Von Trusted Shops über das EHI-Siegel bis hin zum altbekannten TÜV. Und sogar Google bietet inzwischen eine Auszeichnung als „Zertifizierter Händler“ an. Auch wenn der Prozess der Vertrauensbildung an dieser Stelle auf keinen Fall aufhören darf: Ein Gütesiegel ist zweifellos ein gutes Mittel, um einem Kunden den ersten Schritt in euren Shop leichter zu machen.

2. Verschlüsselt eure Daten

Wenn ihr Schritt (1) bereits beherzigt habt, läuft euer Shop garantiert bereits über eine verschlüsselte HTTPS-Verbindung, denn ohne aktuelle SSL-Verschlüsselung dürftet ihr heute kein Zertifikat mehr bekommen, das seinen Namen verdient. Rein rechtlich betrachtet ist eine Sicherung der Daten eurer Kunden ohnehin schon länger eine unabdingbare Voraussetzung. Immer mehr wird die SSL-Verschlüsselung aber auch zu einem von den Kunden bewusst wahrgenommenen und entscheidungsrelevanten Kriterium: Wenn euer Shop in der Browser-Adresszeile ohne grünes Schloss angezeigt wird, dürfte das den ein oder anderen Kunden bereits nachhaltig irritieren. Davon, dass Google die SSL-Verschlüsselung auch immer stärker in sein Ranking mit einbezieht, mal ganz zu schweigen.

Der Aufbau von Vertrauen ist einer der Schlüsselfaktoren im eCommerce. | Foto: Unsplash

Der Aufbau von Vertrauen ist einer der Schlüsselfaktoren im eCommerce. | Foto: Unsplash

3. Seid offen und ehrlich

Ihr berechnet in eurem Shop 4,95 EUR Versandkosten? Dann sagt das euren Kunden.  Sofort. Versteckte Informationen, die uns irgendwo im Check-Out-Prozess plötzlich noch unter die Nase geschoben werden, sind einer der Hauptgründe für Warenkorbabbrüche. Kein Wunder – entdeckt man solche Kosten erst spät und beinahe „nebenbei“, fühlt sich das schnell so an, als würde man über den Tisch gezogen. Und auf dieses Gefühl reagieren Kunden aus verständlichen Gründen allergisch. Also: Seid offen und ehrlich! Kommuniziert Kosten, Lieferzeiten und eventuelle Einschränkungen transparent. Wenn eure Kunden von vorneherein wissen, was sie erwartet, erspart das böse Überraschungen und stärkt das Vertrauen.

Offene Kommunikation erspart böse Überraschungen. #Vertrauensbildung #eCommerce Klick um zu Tweeten

4. Arbeitet professionell

Euer Praktikant hatte Deutsch-Leistungskurs in der Schule? Na, dann kann er doch sicherlich die Texte für den Online-Shop texten, oder? Auch wenn viele – auch große – Unternehmen, es bis heute nicht so recht glauben wollen: (Web-)Texten ist ein Job für Profis. Die falsche Ansprache, mangelnde Berücksichtigung von Web-Konventionen oder ein fehlendes Korrektorat sind leider keine Seltenheit, kosten aber Kundenvertrauen. Oder empfindet ihr einen Shop als seriös, in dem euch auf jeder Seite Rechtschreibfehler entgegenspringen? Von den SEO-Auswirkungen mal ganz zu schweigen…

Natürlich beschränkt sich professionelles Arbeiten nicht nur auf die Texte. Ewig lange Ladezeiten, Javascript-Fehlermeldungen oder HTML-Anzeigefehler hinterlassen ebenfalls keinen guten Eindruck. Und wenn die Produktfotos sich nur mit einer Lupe erkennen lassen oder sogar ganz fehlen, dann braucht euer Shop sowieso eine gründliche Überholung.

5. Sprecht mit euren Kunden

Das Schöne an den digitalen Medien ist, dass sie uns mit wenig Aufwand ermöglichen, Distanzen zu überbrücken. Diese Möglichkeit solltet ihr nutzen! Die Entfernung zwischen euch und euren Kunden könnt ihr dadurch schmelzen lassen, dass ihr mit ihnen sprecht. Ganz praktisch bedeutete das: Informiert eure Kunden über den Status ihrer Bestellung, über Zahlungseingang und Versandzeitpunkt. Und beantwortet Kundenmails so schnell und so verbindlich wie möglich. Idealerweise solltet ihr auch über Social-Media-Kanäle wie Facebook oder Twitter eine Kontaktmöglichkeit anbieten – aber bitte nur dann, wenn ihr auch in der Lage und bereit seid, dort mit euren Kunden zu kommunizieren. Eine verwaiste Facebook-Page, auf der nichts passiert, und wo Fragen und Kommentare wochenlang unbeantwortet bleiben, bringt weder euch noch euren Kunden etwas, sondern ist ganz im Gegenteil kontraproduktiv.

6. Zeigt Persönlichkeit

Kleine Online-Shops haben den großen, anonymen Verkaufsplattformen gegenüber einen immensen Vorteil, der sich für die Vertrauensbildung wunderbar nutzen lässt: Man kann ihnen ein sehr menschliches, persönliches Antlitz verpassen. Ob Ein-Mann-Shop, hippes Start-Up oder kleines Familienunternehmen: Wer sich und seine Mitarbeiter zum Beispiel aus dem Arbeitsalltag erzählen lässt und mit Fotos und Geschichten persönliches Profil zeigt, bekommt nicht nur einen ganz anderen Draht zu seinen Kunden, sondern schafft – ihr ahnt es schon – Vertrauen.

Manomama-Gründerin Sina Trinkwalder oder die MyMuesli-Crew Hubertus, Philipp und Max sind sehr unterschiedliche, aber gleichermaßen überzeugende Beispiele für Erfolgsgeschichten, die stark mit einer persönlichen Idee oder Vision verknüpft und auf ihre ganz eigene, aber immer persönliche Art vermittelt wurden – und werden. Das schafft Vertrauen – natürlich! Denn Menschen verdienen sich unser Vertrauen deutlich schneller als Unternehmen.

Menschen vertrauen wir deutlich schneller als Unternehmen. #Vertrauensbildung #eCommerce Klick um zu Tweeten

Grenzenloses Vertrauen

Wer mit seinem Shop den Schritt über Länder- und Sprachgrenzen wagt und im internationalen eCommerce erfolgreich sein möchte, sollte die obigen Tipps gleich doppelt und dreifach beherzigen. Denn je größer die Distanz, desto größer der Vertrauensvorschuss, den sowohl Händler als auch Verbraucher mitbringen müssen. Was (nicht nur beim Thema Vertrauensbildung) im grenzüberschreitenden E-Commerce außerdem noch zu berücksichtigen ist, dazu erzähle ich hier ja ohnehin immer mal wieder was und gerne auch in Zukunft wieder ein bisschen mehr…

KF/ciq

 

Dieser Beitrag ist die aktualisierte und erweiterte Fassung eines 2014 bereits bei netzaktiv (heute VersaCommerce) veröffentlichten Artikels.

Dr. Katja Flinzner
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